Hand der Woche – Hohe Pokerkunst mit Davidi Kitai

Ausgangslage und Spiel bis zum River

Wir befinden uns im Finale von Event #15 der WSOP 2014, einem $3.000 NLHE 6-max-Turnier. Drei Spieler sind noch dabei, Davidi Kitai führt knapp vor Tony Ruberto, dagegen liegt Gordon Vayo schon etwas weiter zurück.

Auf dem Button bekommt Kitai

   

und callt. Vayo füllt im Small Blind auf und Ruberto checkt im Big Blind. Im Pot sind 165.000 Chips. Der Flop bringt

     

Vayo checkt, Ruberto setzt 95.000, Kitai callt und Vayo foldet. Im Pot sind 355.000, und es geht auf den Turn mit der

 

Ruberto setzt 195.000, Kitai callt, womit 745.000 im Pot sind. Der River bringt

 

Ruberto setzt 515.000, Kitai überlegt einen Moment und callt dann mit Dame hoch! Ruberto zeigt

   

und Kitai gewinnt den Pot.

Hier könnt ihr euch die Hand noch einmal in bewegten Bilden anschauen:

Bewertung und Analyse

Was zunächst wie ein unfassbarer Call des belgischen Top-Spielers Davidi Kitai aussieht, wollen wir uns hier noch einmal genauer betrachten und untersuchen, warum Kitai auf dem River sogar recht schnell callte.

Ganz wichtig ist die Action vor dem Flop. Kitais Call auf dem Button ist eher ungewöhnlich, da man aus dieser Position gern angreift und die Blinds zu stehlen versucht. Kitai hat mit Q 4 aber eine mediokre Hand, die er in Position ohne größeres Risiko spielen möchte. Nach seinem Call stockt Gordon Vayo im Small Blind auf und Tony Ruberto checkt im Big Blind.

Diese Aktionen sind sehr vielsagend, da beide Spieler mit hoher Wahrscheinlichkeit keine starke Hand haben. Mit hohen Paaren oder guten AX-Händen hätten beide Spieler vermutlich geraist, um entweder einen bzw. beide Gegner abzuschütteln und/oder einen größeren Pot aufzubauen.

Der Flop bringt mit A J T ein Board, das vermutlich niemandem sonderlich geholfen hat. Vayos Check kommt daher alles andere als überraschend, doch hinter ihm setzt Ruberto mit 95.000 etwas mehr als halbe Potgröße.

Kitai könnte angesichts des recht kleinen Pots folden, doch hat er einen Gutshot, einen Backdoor Flush Draw und vor allem einen Gegner, dem er nur schwer eine starke Hand zutrauen kann.

Tony Ruberto

Tony Ruberto konnte es nicht fassen, als er die Hand von Kitai sah.
 

Mit welchen guten Händen würde der Big Blind auf diesem Board setzen? Vermutlich mit jedem Ass, KQ natürlich, JT sowie vielleicht KJ und QJ. Mit allen anderen Treffern würde er dagegen checken und versuchen, billig zum Showdown zu kommen.

Selbst die genannten Hände sind allerdings recht unwahrscheinlich, da Ruberto mit vielen davon vor dem Flop geraist hätte.

Aus diesem Grund kann es also durchaus sein, dass Ruberto blufft, außerdem hat Kitai dank seines Positionsvorteils viele Möglichkeiten, den Pot später noch zu stehlen.

Der Turn bringt mit der 2 eine Karte, die Kitais Hand erheblich verbessert. Zu seinem Gutshot hat er nun auch noch einen Flush Draw. Sein Gegner, Tony Ruberto, bleibt aber auf dem Gaspedal und setzt weitere 195.000 in den Pot mit 355.000.

Kitai bekommt Pot Odds von 2,8 zu 1, daher ist ein Call mit seinen 12 Outs absolut korrekt. Weiterhin besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass er schon/noch die beste Hand hat.

Die T auf dem River ist eine sehr interessante Karte, die sie eine absolute Blank ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ruberto eine Zehn hat, geht gegen Null, da er (außer mit den unwahrscheinlichen Two Pairs wie AT und JT) damit kaum zweimal gesetzt hätte.

Dennoch feuert Ruberto ein weiteres Mal und polarisiert damit seine Hand maximal. Als Möglichkeiten bleiben nur Monster, geplatzte Draws und komplett heiße Luft übrig, da er mit einem Ass oder einem Buben nun eher gecheckt und gecallt hätte, da ihn keine schlechtere Hand mehr callen kann.

Ein grandioser Spieler wie Kitai erkennt diese Polarisierung natürlich, doch ist es für den Zuschauer dennoch unfassbar, mit welcher Geschwindigkeit er seinen Gegner callt. Ein kurzer prüfender Blick von der Seite, und dann callt der Belgier auch schon, um anschließend relativ temperamentlos seine Hand mit Dame hoch zu zeigen.   

Einfach Weltklasse!

Fazit

Der spätere Turniersieger Davidi Kitai zeigt in einer vorentscheidenden Hand sein ganzes Können. Das gegnerische Spektrum ist nicht nur polarisiert, sondern besteht vorwiegend aus schwachen Händen, was letztlich einen Call mit Dame hoch ermöglicht.

Verdacht hätten an dieser Stelle viele Spieler geschöpft, den Call anschließend aber auch auszuführen, das gelingt nur den ganz großen Meistern!

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