Hand der Woche – Phil Ivey zeigt seine ganze Klasse

In unserer Hand der Woche blicken wir noch einmal auf die Aussie Millions zurück und untersuchen ein Duell zwischen Phil Ivey und Dario Sammartino, bei dem der Superstar der Pokerszene auf dem River den Hammer auspackt.

Unter erschwerten Bedingungen – jeder Spieler hatte nur 30 Sekunden Bedenkzeit – muss Sammartino entscheiden, ob er mit einer Straight die brutale Overbet seines Gegners callen soll oder nicht. Wie es ausging, erfahrt ihr hier!

Ausgangslage und Spiel bis zum River

Wir befinden uns in der Anfangsphase der A$100k Challenge der Aussie Millions, die später von Fabian Quoss gewonnen wurde.

Die Blinds betragen 700/1.400 plus 200 Ante, und wir steigen in die Hand ein, als Phil Ivey (169.000 Chips bzw. 120BB) vom Button auf 3.200 raist. Fedor Holz foldet im Small Blind, aber Dario Sammartino (etwas mehr Chips als Ivey) callt im Big Blind mit

   

Im Pott sind 8.300 Chips, und der Flop bringt

     

Sammartino checkt, Ivey setzt 4.000 und Sammartino checkraist auf 13.000. Ivey callt. Im Pott sind 34.300 und beide Spieler haben noch ca. 153.000 Chips übrig.

Der Turn bringt die

 

Sammartino setzt 18.000 und Ivey callt. Im Pott sind 66.300 Chips, die effektiven Stacks betragen 135.000.

Der River bringt die

 

Sammartino checkt, Ivey überlegt kurz und geht dann mit 135.000 in den Pott von 66.300 All-In. Sammartino schüttelt den Kopf, investiert seine Time-Bank und callt schließlich.

Ivey zeigt

   

und gewinnt mit dem Full House gegen Sammartinos Straight den Pott. Kurz darauf scheidet Sammartino mit seinem kümmerlichen Rest aus.

Analyse und Bewertung

Ein verhängnisvoller Call von Dario Sammartino, der ihn praktisch den gesamten Stack kostete und letztlich das Turnieraus bedeutete. Konnte der Italiener die Katastrophe verhindern oder muss man das gegen Phil Ivey callen – dieser Frage wollen wir hier nachgehen.

Schwere Entscheidung für Dario Sammartino.

Vor dem Flop bekommt Sammartino eine der klassischen Hände, mit der man seinen Big Blind verteidigt.

J9s ist gegen einen Button-Raise auf jeden Fall stark genug und bietet viele Möglichkeiten, die beste Hand zu bekommen.

Da Ivey vom Button geraist hat, ist sein Spektrum sehr breit und seine Hand sehr schwer einzugrenzen.

Der einfarbige Flop mit T 8 3 hat aber eher dem Call-Spektrum des Big Blind geholfen als dem des Raisers.

Nach Iveys wenig aussagekräftiger Continuation Bet startet Sammartino dann auch den ersten Angriff auf den Pott. Er checkraist mit seinem Open-ended Straight Draw, der ihm auf diesem Board neben der Steal Equity meist auch noch einige Pot Equity bietet.

Wechselndes Schlachtenglück

Nachdem Ivey den Flop gecallt und damit klar gemacht hat, dass er etwas haben muss, kommt die Traumkarte für Sammartino. Die 7 bringt ihm im höheren Sinne die effektiven Nuts, wobei man einen Flush nie ganz ausschließen kann.

Sammartinos Bet ist deshalb absolut folgerichtig. Er hat eines seiner acht Outs getroffen und kann von vielen Händen wie Top Pair mit und ohne Flush Draw oder gar Sets ausbezahlt werden.

Aus Iveys Sicht sind noch einige weitere Hände dazu gekommen, gegen die er verliert. Dennoch wäre es natürlich viel zu ängstlich, jetzt die Hand aufzugeben. Ein Call ist goldrichtig, da ein Raise nur von besseren Händen gecallt (oder gereraist) würde.

Auf dem River kommt dann die 7, die Sammartino zu einem Check verleitet. Eine Bet wäre durchaus nicht schlecht, da eine Zehn oder ein anderes Paar immer noch bezahlen könnte, offenbar denkt sich der Italiener aber, dass ihn zu wenige Hände ausbezahlen und er lieber einen Bluff provozieren möchte.

Der Hammer auf dem River

Kurze Zeit später kommt aber das, was Sammartino weder sehen wollte noch erwartete.

Ivey geht mit mehr als dem Doppelten der Pottgröße auf dem River All-In. Was das bedeutet, ist klar. Entweder hat er ein Monster oder nichts.

Wo Ivey sitzt, sind Zuschauer nicht weit.

Angesichts des Paars auf dem River sind Flushes im Wert gesunken, und es ist keinesfalls klar, ob Ivey mit so einer Hand All-In gehen würde.

Letztlich hat Sammartino bei so wenig Bedenkzeit – mit Time-Bank nur eine Minute – große Probleme, die Hand noch einmal durchzugehen.

Klar ist, dass Ivey auf Flop und Turn etwas gehabt haben muss, sonst hätte er nicht zweimal gecallt.

Unterm Strich gibt es nur wenige Value-Hände, mit denen Ivey so spielen kann, wie TT, 88 oder 33, und einige Bluffs mit einem Herz, aber das Chance-Risiko-Verhältnis für Sammartino ist sehr ungünstig.

Er könnte zähneknirschend folden und danach mit einem intakten Stack von 138.000 Chips weiterspielen, während ihn der Gewinn der Hand zwar in eine gute Ausgangslage bringen würde, aber nicht in einen turnierentscheidenden Vorteil.

Phil Ivey jedenfalls hat diese Hand famos gespielt und sein Monster auf dem River wie einen Bluff aussehen lassen. So maximierte er gegen einen argwöhnischen Gegner seinen Gewinn.

Fazit

Dario Sammartino wählte in einem teuren Turnier den falschen Moment, um Phil Ivey auf den Zahn zu fühlen.

Der Superstar des Poker dagegen fand eine perfekte Gelegenheit, um einen argwöhnischen Gegner ins Messer laufen zu lassen.

 

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